Nicht gerade einfach: Ein Senioren-Treff in Corona-Zeiten

Den Wanderern ist der Abstand schon in Fleisch und Blut übergegangen.

Deggendorf. Genau sechs Monate ist es her, dass der Seniorentreff im Klosterhof Knall auf Fall geschlossen werden musste: Ganz Deutschland zog sich Mitte März wegen der Pandemie in Quarantäne zurück. Damals ahnte niemand, wie lange sich das hinziehen würde. Bei der ersten Meldung zur Schließung hieß es noch: „Zunächst bis Ende der Osterferien am 19. April!“ Pustekuchen! Es dauerte bis Mitte Juni, ehe wenigstens der Biergarten im Klosterhof leise und vorsichtig wieder  geöffnet werden durfte. Die 500 Mitglieder des Senioren-Clubs gehören zur besonders gefährdeten Risikogruppe. Entsprechend genau wurden alle Regeln beachtet. Mit Erfolg, bisher gab´s im Club auch nicht eine Infektion. Die vier Mitglieder, die heute nachgewiesen Antikörper haben, hatten sich alle andernorts angesteckt – und alle Infektionen nahmen einen milden Verlauf.

Wie umgehen mit der ständigen Gefahr? Den Vorstandsmitgliedern war klar, dass schon ein Infizierter im Club einen Dominoeffekt auslösen könnte. Das hätte womöglich das Aus für den Seniorentreff bedeutet. Andererseits sind viele der Mitglieder angewiesen auf die sozialen Kontakte im Club, um nicht zu vereinsamen, um nicht in Trübsal und Depressionen zu verfallen. Zweimal in diesen einsamen Wochen wurden alle 500 Mitglieder von den Vorstands- und Beiratsmitgliedern angerufen: Jeder hatte eine Liste mit 50 Telefonnummern abzuarbeiten. Einfacher ging der Kontakt per Mail. Mit Rundbriefen wurden zumindest die 300 Senioren mit Internet-Anschluss bei Laune gehalten. Allein acht virtuelle Quiz-Veranstaltungen hat Bernhard Glanzer ausgearbeitet; die Fragen wurden verschickt. Da wurde sogar in München mitgerätselt. Die Auflösung gab´s dann jeweils am Abend mit einer zweiten Mail.

Zudem wurde eine „Bücherkiste“ unterm Nussbaum eingerichtet. Sigrid Drexler wählte jeweils ein Dutzend Schmöker aus, die (gut verpackt gegen Regen) zum Mitnehmen bereit lagen. Dazu gab´s jeweils übers Internet eine kurze Besprechung der Bücher. „Zufällige“ Spaziergänger könnten sich die Bücher dann mitnehmen. Klar, dass bei den Büchern auch ein Packerl mit Desinfektionstüchern lag.

Im Juni dann wurden die bayerischen Biergärten wieder geöffnet. Wie gut, dass der Senioren-Club eine ganz normale Konzession für seinen Biergarten hat. Jetzt wurden hektisch die Vorgaben der Staatsregierung studiert. Mit dem Metermaß wurden Tische und Stühle platziert. Für den Eingang gab´s zunächst die Idee einer Einbahnregelung. Pfeile wurden aufs Pflaster geklebt, um die Wege zu markieren. Hat nicht gehalten, war dann aber auch nicht nötig, denn die Besucher achteten selbst auf den nötigen Abstand. Und wie vorhergesehen, kamen deutlich weniger Besucher als früher. Desinfektionsmittel wurden gekauft: Für die Möbel und für die Hände. Überall stehen jetzt die Flaschen. Kaum wird ein Tisch frei, wird desinfiziert.

Auch die Wanderer haben sich so bald als erlaubt wieder auf den Weg gemacht. Mit Abstand, natürlich. Daran gewöhnt man sich schneller als gedacht. Diese wöchentlichen Wanderungen mit Lothar und Hedi Lengler führen durch den Wald und über Wiesen und bieten immer wunderbare Ausblicke auf  die schöne Donauebene.

Der Klosterhof hat einen großen Saal, in den gut und gerne 150 Menschen passen. Undenkbar in diesen Zeiten! Um nur gar nicht in Versuchung zu kommen, wurden zwei Drittel der Tische zur Seite geräumt, ebenso die Stühle. Aber der Saal hat einen großen Nachteil: Er ist sehr niedrig. Deshalb war schnell klar: Wir öffnen den Saal erst wieder, wenn gegen Covid-19 ein Kraut gewachsen ist. Nachträglich hat sich herausgestellt, wie klug diese Entscheidung war. Denn das Co2-Messgerät, das seit etlichen Tagen im Saal steht, beweist, wie schnell hier „dicke Luft“ herrscht.

Also heuer nur Außenbetrieb. Der Gartenbetrieb pendelte sich rasch ein, die Besucher gewöhnten sich daran, die Listen mit ihren Adressen auszufüllen und auf allen Wegen die Maske zu tragen. Vorsichtig wurde im Juli der erste Geburtstag im Freien gefeiert. Natürlich hat´s geregnet – weshalb das kleine Fest in die große Scheune verlegt wurde. War auch schön. Ehrenamtliche Helferinnen übernahmen die Bedienung der Gäste am Tisch, denn vor der Kuchentheke oder am Getränke-Tresen durften sich ja keine Warteschlangen bilden. Nur eine Person darf an die Kuchenausgabe. Die Durchreiche war vorher natürlich mit einem Plexiglas geschützt worden.

Die Treffen unter Corona-Bedingungen pendelten sich schnell ein. Jeden Dienstag trifft sich der Chor. Die Sänger sitzen in der Sommerhalle – mit Abstand singen alle in einer Richtung, damit nur ja keine Aerosole den Nachbarn treffen können. Auftritte der Sänger sind derzeit nicht möglich, auch an den Tischen wird nicht gesungen, wenn es wieder mal wie bei den Geburtstagen Musik gibt. Bei so viel Disziplin und Vernunft aller Beteiligten wagte man sogar ein kleines Sommerfest. Bier vom Fass, kleines Grillangebot: Die Tische wurden einzeln aufgerufen, um sich die Würstel und den Kartoffelsalat zu holen. Außerdem gab´s die Tombola mit schönen Preisen für die Lose, die das ganze Jahr über gesammelt werden.

Keine Reisen, keine Ausflüge – alles gestrichen. Aber nun sind die Senioren doch schon ein bisserl mutiger: Einen Ausflug mit der Waldbahn wird es am 24. September geben. Am 8. Oktober soll ein letztes Mal ein Open-Air-Geburtstag gefeiert werden. Dann schließt der Club wieder. Das Risiko in der Grippezeit erscheint einfach zu hoch. Durchgeführt wird aber am 4. November ein Gedenkgottesdienst für die verstorbenen Mitglieder in der Kirche Mariä Himmelfahrt. Und am 17. Dezember gibt´s im Freien eine Weihnachtsfeier mit Glühwein und Plätzerl, mit Christbaum und kleinem Programm.

Bisher ist der Club bisher relativ glimpflich durch die Corona-Krise gekommen. Das ist auch der Arbeitsagentur zu verdanken, die innerhalb weniger Tage den Antrag auf Kurzarbeitergeld für die Beschäftigten im Club genehmigt hat. Seitdem wird genau gerechnet, wie viele Arbeitsstunden wegen der Pandemie ausfallen. Natürlich lässt der Club seine fleißigen Mitarbeiter nicht auf 40 Prozent Verdienstausfall sitzen, sondern stockt auf.

 

Im Januar endlich soll das Clubleben wieder „richtig“ beginnen, mit einem Programm, das den Namen auch verdient. Bis dahin wird die Lüftung auf Herz und Nieren geprüft, es gibt schon das Fieberthermometer, das auch schon kleinste Anzeichen einer Infektion meldet. Das Co2-Meßgerät meldet, wann gelüftet werden muss. Die Garderobe wird verlegt, ebenso der Haupteingang. Damit es zu keinen unliebsamen Begegnungen kommt, ist der Ausgang am anderen Ende des Saals. Und große Feste verbieten sich natürlich. Mehr als 50 oder maximal 70 Besucher sind nicht geplant. Damit das klappt, müssen sich die Gäste vorher anmelden.